Wednesday, September 18, 2013

Backflash!

Es hätte eine Routine-Mission werden sollen an der Stamford Bridge in London. Ein Tor schiessen, maximal eines kassieren, unentschieden spielen, Chelsea ärgern, mit einem Punkt Ertrag nach Hause kommen. Als unser Pharao in der 70. Minute das lange ersehnte Tor schiesst, ist dies der Ausgleich. Dann quetscht dieser baumlange Nordhelvetier doch tatsächlich einen Eckball zwischen Torpfosten und Torwart durch. Ich erleide einen unweigerlichen Backflash!

Fünfeinhalb Monate ist es her, als ich an einem lauen Frühlingsabend das Pub betrat. Ein volles Pub, an einem Donnerstagabend alles andere als selbstverständlich. Damals war nicht die Rede von einer Routine-Mission, damals wäre es wohl eine grosse Sensation gewesen, wenn der FCB auch nur ein Bein gerade vor das andere bekommen hätte. Nach 35 Minuten führte er 2:0. Die Hütte bebte, Wildfremde lagen sich in den Armen. In den restlichen 55 Minuten fielen noch zwei Tore auf der falschen Seite, aber der Glaube an die Sensation war mehr denn je da. 

Eine Woche später war ich wieder ... nein. Ich hatte einen Trip nach Südfrankreich gebucht, um mich der F1 zu widmen. Es handelt sich dabei um eine extrem spitzige Variante eines französischen Jagdflugzeuges. Die gleichnamigen Autorennen sind mir zwar auch bekannt, aber nicht zwingend tausend Reisekilometer wert. 




Nachdem die Arbeit im strömenden Atlantikregen erledigt war, folgte die Suche nach einer Sportbar. Einmal dort angekommen, musste noch das Personal überredet werden. Und tatsächlich: In einer südfranzösischen Kleinstadt, in der Bälle normalerweise oval sind, gelang es mir und meinem Reisepartner, die Crew dazu zu bringen, uns das Spiel unseres FCB zu zeigen.

Der Anfang war nicht berauschend. Eine Grätsche ins Leere und statt bei Dragovic war der Ball bei einem engländischen Amerikaner. Minuten später war die Welt wieder komplett i.O.. Der Pharao spitzelte den Ball aus 25m ins Tor. Für diesen Schuss wäre jeder Junior aus dem Training nach Hause geschickt worden. Nach der Pause vollbrachte der Balkan-Ösi seine gute Tat des Abends und wäre da nicht kurz vor Schluss ein Tor wiederum am verkehrten Ende gefallen ... wäre diese Geschichte um eine Pointe ärmer. Unser Kapitän hatte kurz vor dem Ende nur noch das Tor vor Augen, traf es nicht und folgerichtig wurde der englische Abwehrchef vom Schiedsrichter zum Teufel in die Dusche gejagt.  

Verlängerung. Senderwechsel. Konfusion in der Bar. Und Erleichterung, als endlich wieder der grüne Rasen an der Fernsehwand hängt. Mont-de-Marsan liegt gewiss nicht im Hochgebirge, aber die Luft wurde immer dünner. Elfmeterschiessen. Sommer. Schär. Ade Bayor! Ade Ball! Diaz. Drin! Wir sind im Halbfinale, on est en demis! Es gibt Himbeerlikör aufs Haus. Wenn diese Saison nur annähernd so geil wird wie der letzte Frühling ... dann wird das was mal meine Leber war, definitiv eine Minibar!